23. Februar 2014

Davon, ein Kind zu sein

Zuerst als Töchterl, Augenstern des Papas, wär mir das Liebste gewesen, hätte die Mutter sich in Luft aufgelöst. Fortgemacht hinter die sieben Berge. Viel zu schön war sie doch und so elegant. Was brauchte er sie? Ich wollte Papa heiraten, ich war doch seine Liebe! Aber Mutter blieb.

Später änderte sich alles; Vaters Eifersucht auf die Burschen, mit denen ich mich als Teenager in den Wiener Diskos herumtrieb, war einer unserer Konflikte. Der andere entstand durch meine Weigerung, um spätestens zehn wieder auf der heimatlichen Türschwelle zu stehen.
„Lass das Kind doch“, sagte Mama, nachdem ich mich bei ihr beklagt hatte, „in dem Alter steht einem zu, Spaß zu haben, sich ein Bild von der Welt zu machen.“
„Im Voom-Voom? In der Camera?“ Er wollte es nicht akzeptieren.
„Und du treibst dich in der Edenbar herum. Die ganze Nacht!“, wehrte ich mich gegen die Einschränkung.
Da fing ich meine erste Ohrfeige ein. Es blieb bei der einen, aber das konnte ich damals nicht wissen. Er schrie. „Erstens bin ich erwachsen, zweitens geht dich das nichts an und drittens gibt es dort keine Drogen, ha!“
Ich schrie auch. „Und dein Whiskey? Wenn du manchmal erst am Morgen heimkommst, stinkst du danach, so!“ Dann machte ich einen Abgang und warf schön laut die Tür meines Kinderzimmers zu. Dort waren die Wände mit Posters von Pierre Brice als Winnetou und Marlon Brando in Bikermontur tapeziert.
Mama ließ ich ein, ihn nicht. Sie erklärte mir, dass es Papas Liebe, seine Sorge um mich sei und dass er bald verstehen werde, mich loszulassen.

Jahre gingen vorbei, ich hatte nun selbst ein Baby. Es war mein Augenstern. Wenn ich den Buben betrachtete, während er trank, wusste ich jetzt schon, dass ich Kämpfe mit ihm ausfechten, ihm nicht ohne weiteres mit Kumpels oder gar mit Mädchen ausgehen lassen würde.
Papa streichelte den flaumigen Kopf des Enkelsohnes und Mama hielt dessen Fingerchen in ihrer Hand.
Fast zugleich sagten meine Eltern: „So ist es immer. Zuerst.“







7 Kommentare:

Edith hat gesagt…

Liebe, gute Elsie,

am liebsten würde ich jetzt den Tränen freien Lauf lassen, lächel, so stark lässt du die Erinnerung hervor treten.
Wie sich doch alles wiederholt, alles doch in gutem Gewissen abspielt, noch gekannt vom Vater, dann selbst so handelnd, weil man einfach so handeln muss...

Danke!!! DU bist einfach die Beste!!!

Dir einen feinen Sonntag
wünscht dir
deine Edith

Gaby Bessen hat gesagt…

Väter und Töchter haben immer eine besondere und nicht konfliktlose Beziehung. Ich habe meinen Vater abgöttisch geliebt und er mich auch, aber wir hatten auch viele Reibungspunkte.
Mit den lebensgroßen Starschnitten von Pierre Brice und Lex Barker habe ich das "Kinderzimmer" tapeziert, als ich mit Scharlach im Krankenhaus lag.

Frühlingshafte Grüße
Gaby / Annaq-Lena

Elsa Rieger hat gesagt…

Meine liebe Edith, ich danke dir für deinen herznahen Kommentar, ich freu mich auch, dass bei dem Text auch in dir Erinnerungen wach werden, die ELtern sind einfach immer in einem, nicht wahr?

Liebe Gaby, da haben wir ja ähnliche Erfahrungen gemacht, gefällt mir.

Herzliche Grüße euch beiden und danke!

Anonym hat gesagt…

Oh! So fein geschrieben - wie das Leben eben spielt.

Ich kann Dich nur über Blogspot erreichen. Aber das macht auch nichts, Du kennst ja meine aktiveren Blogs :-)

Ich wünsche Dir eine gute Zeit
von Herzen
Barbara

Elsa Rieger hat gesagt…

Liebe Barbara, danke dir!

Und ja, ich kenne deine Blogs, richtig.

Auch dir eine gute Zeit, herzlich,
ELsa

lintschi hat gesagt…

ja, so ist es wohl ...
ein kreislauf. und keiner kann es sich "beizeiten" vorstellen ...
entzückend geschrieben, liebe elsie.
aber das sind wir ja gewöhnt von dir :-)

lieben gruß hierlass
deine lintschi

Elsa Rieger hat gesagt…

Liebste Lintschi,

richtig, man kann es sich vorher nicht ausmalen, wie es ist, was man fühlt, kommt man selbst in die Situation. Vielen Dank!

Busserl für dich,
Elsie

Dieser Blog wird durch das Deutsche Literaturarchiv Marbach archiviert.

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