14. Juli 2009



Vom Gehen in Städten

Durch die Prachtstraßen zwischen Horden, angeführt vom hochgereckten Schirm, auf dem ein Fähnchen flattert. Blasse spitze Knie oder fette Schenkel (Touristen tragen obsessiv Khakishorts und Frotteesocken zu Sandalen) trotten im Pulk hinterher.

Löse mich auf in Seitengassen. Dort schwebt kühl Verlorenheit, aus bröckelnden Gemäuern gesickert. Dahinter schlafen Wendeltreppen. Einheimische laufen mit Einkaufstaschen vorbei. Ich bin unsichtbar in ihren Augen.

Ein kleiner Platz, zwei zu Tode renovierte Bürgerhäuser halten sich (vielleicht, um nicht ganz ihre Geschichte zu verlieren) an einer schmutzigen Sandsteinkirche fest, die Gotik atmet. Gegenüber ein Kaffeehaus, davor Stühle, Tische zwischen irdenen Töpfen, in denen Sommerflieder kümmert. Der Garten bevölkert von Nichttouristen, erkennbar an der Sprachmelodie, die über dem Ensemble schwingt, auch an der Kleidung. So nehme ich mir ein Herz und setze mich dazu. Bestelle Kaffee, bedacht, den Akzent zu vermeiden. Der Kellner antwortet gebrochen in meiner Sprache, lässt den Blick dabei ins Leere schweifen. Ich bleibe unsichtbar.


by ELsa
Foto: Franziskanerplatz in Wien

7 Kommentare:

Helmut Maier hat gesagt…

Sehr lyrische Prosa. Wunderbar.

Liebe Grüße
Helmut

Миррослав Б Душанић hat gesagt…

Ich bleibe unsichtbar.

Elsa Rieger hat gesagt…

Vielen Dank, Helmut, und so schnell.

Lieber Miro, ich weiß.

Anna-Lena hat gesagt…

"Blasse spitze Knie oder fette Schenkel (Touristen tragen obsessiv Khakishorts und Frotteesocken zu Sandalen) trotten im Pulk hinterher."

Ist das nicht hochpeinlich, wie sich Touristen woanders aufführen? Besonders bei hochsommerlichen Temperaturen scheuen sich manche nicht, woanders ihre fetten Bierbäuche oder hängenden Brüste mehr oder weniger deutlich zu präsentieren.
Da habe ich mich schon manches Mal geschämt, eine Landsfrau zu sein und mich gerne unsichtbar gemacht.

Sehr schön eingefangen, liebe Elsa :-)
Einen lieben Gruß zu Dir,
Anna-Lena :-)

Elsa Rieger hat gesagt…

Liebe Anna-Lena,

Ja, es ist wahnsinnig peinlich und auch eine Unhöflichkeit dem Gastland gegenüber.

Lieben Dank und Gruß
ELsa

Anonym hat gesagt…

wunderbare Worte ich versinke in ihnen, fühle mich hinein.

Weiß nicht, ob Du mich als Tourist erkennen würdest. :-)
(Nun, den Mund dürfte ich nicht aufmachen, dann, ja dann wüßtest Du sofort.)
Gruß
Barbara

Elsa Rieger hat gesagt…

Liebe Barbara,

danke vielmals.

Ich glaube, dich und alle meine Blogfreunde und AutorInnen würde ich kaum als Touristen erkennen können :-)

Lieben Gruß
ELsa

Dieser Blog wird durch das Deutsche Literaturarchiv Marbach archiviert.

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